Der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, hat vor einer Verdreifachung bei den Gas-Abschlägen ab 2023 gewarnt. Wie kann man den schlimmsten Kostenfallen entgehen? Die Rechtslage ist oft kompliziert - mit Rechtsexperte Karl-Dieter Möller bringen wir Licht ins Dunkel. Der Experte beantwortet die wichtigsten Fragen im Video. Hier findet sich alles außerdem nochmal im Detail zum Nachlesen.
- Wie warm oder kalt darf es in der Wohnung sein?
- Rechte für Mieter beim Heizen
- Wann darf der Versorger Strom und Gas abdrehen?
- Darf der Gasversorger während der Vertragslaufzeit kündigen?
- Was lohnt sich mehr - Tarifwechsel oder Grundversorger?
- Hohe Preise in der Ersatzversorgung
- Abschlagszahlungen selbst festlegen?
- Energiepreiserhöhung trotz Preisgarantie?
Wie warm oder kalt darf es in der Wohnung sein?
Wer Energie und damit Kosten sparen will, der ist gut beraten, die Heizung in der Wohnung etwas runterzudrehen. In der noch recht neuen "Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen" gibt es eine Neuregelung zur Mindesttemperatur in Wohnungen. Diese bezieht sich darauf, dass Mieter keine bestimmte Temperatur mehr in ihren Wohnungen halten müssen. Entsprechende Klauseln in Mietverträgen sind nichtig. Mieter müssen jedoch trotzdem darauf achten, dass die Mietsache keinen Schaden nimmt und so zum Beispiel regelmäßig lüften, damit es nicht schimmelt.
Auf welche Raumtemperatur haben Mieter ein Recht?
Die Regelung betrifft jedoch in dieser Form nicht die Vermieter. Mieter haben tagsüber ein Recht auf - je nach Raum - mindestens 20 bis 22 Grad, im Kinderzimmer auf 23 Grad. In der Nachtzeit von 23 bis 6 Uhr, und so auch während der Nachtabsenkung, haben sie Anspruch auf mindestens 17 oder 18 Grad. Dabei reicht es nicht aus, dass die Heizungsanlage in dieser Zeit funktioniert, sondern die tatsächlich erreichbaren Temperaturen sind maßgeblich.
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Heizung verbraucht zu viel - wie können sich Mieter wehren?
Allerdings kann man sich auch gegen zu stark energieaufwendig betriebene Heizungen wehren, denn auch sie sind ein Mangel und Mieter können deswegen die Miete mindern. Sinnvoll ist es in solchen Fällen allerdings, zunächst das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen und so eine Lösung zu finden. Der SWR-Rechtsexperte Karl Dieter Möller gibt zudem zu bedenken, dass es im Mietobjekt womöglich noch andere Parteien gibt, die auch mitentscheiden wollen.
Umgekehrt könnte sich die Frage stellen, ob ein Vermieter die Gasheizung abstellen kann, weil er etwa vermutet, dass seine Mieter die Kosten dafür nicht zahlen können. Die Antwort darauf lautet nein. Das Landgericht Frankfurt hat Ende August 2022 in einer Entscheidung festgestellt, dass die Versorgung mit Heizung und Warmwasser zu den Mindeststandards für menschenwürdiges Wohnen gehört.
Kann mir der Anbieter Gas oder Strom abstellen?
Was passiert, wenn Verbraucher die Gas- oder Strom-Rechnung nicht mehr bezahlen können? Kann der Anbieter Gas oder Strom einfach abstellen? Bei Strom ist ein Zahlungsverzug von über 100 Euro die Voraussetzung, damit der Versorger den Strom abstellen kann. Bei Gas wird die Summe von 100 Euro ebenfalls als Maßstab angenommen. Folglich kann der Energieversorger zwar Strom und Gas abstellen, allerdings nicht von heute auf morgen. So muss zuvor eine Mahnung erfolgen und erst nach einer anschließenden Vier-Wochen-Frist könnte die Energielieferung gestoppt werden.
Strom oder Gas droht, abgedreht zu werden. Was kann ich tun?
Wem eine Strom- oder Gassperre droht, der sollte sich am besten sofort um Hilfe bemühen: Mit dem Energieversorger sprechen, sich an die Verbraucherzentrale wenden und nach einer Lösung suchen.
In der aktuellen Krise fordern die Verbraucherzentralen sogar, das Abstellen von Strom und Gas bis April 2023 auszusetzen. Die Politik berät gerade über entsprechende Gesetzesänderungen.
Darf der Gasversorger während der Vertragslaufzeit kündigen?
Ist es rechtens, dass Versorger ihren Kunden während der Vertragslaufzeit kündigen, beispielsweise, weil sie die Preise nicht mehr halten können? Rechtsexperte Karl-Dieter Möller erklärt: "Eigentlich nicht, aber wenn eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, dann geht das und dann kann das für Verbraucher auch besser sein als eine Insolvenz des Anbieters. Da wäre der Verbraucher dann aus meiner Sicht schlechter dran." Ansonsten können Verträge regulär vom Anbieter zum Ablauf der Laufzeit gekündigt werden - also zum Beispiel, wenn sich ein Vertrag nach einer bestimmten Zeit automatisch wieder verlängern würde.
Es kommt vor, dass der Versorger zum Ende der Laufzeit kündigt und dem Kunden einen neuen Vertrag mit geänderten Konditionen anbietet. Diese Kündigung ist rechtens, den neuen Vertrag muss der Kunde allerdings nicht annehmen. Er kann auch den Anbieter wechseln.
Lieber Stromanbieter wechseln oder beim Grundversorger bleiben?
Sie wollen ihren Anbieter wechseln oder überlegen, ob es sich lohnt, in der Grundversorgung zu bleiben? Früher gab es bei den Sondertarifen günstige Preise. In der Grundversorgung blieb oft nur, wer keinen anderen Vertrag abschließen konnte oder wer gar nicht über günstige Sondertarife wusste. Heute gibt es nur noch wenige Sondertarife und oft liegen sie über den Grundversorgerpreisen. Wer eine Preiserhöhung angekündigt bekommt, sollte auf jeden Fall prüfen, ob und wohin sich ein Wechsel lohnt. Derzeit helfen Preisvergleichsportale dabei jedoch nur noch beschränkt. Die Verbraucherzentrale hat einige Tipps zusammengefasst. Zudem bieten die Verbraucherzentralen und der Bund der Energieverbraucher individuelle Beratungen gegen Bezahlung an.
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Was kann ich tun, wenn der Ersatzversorger höhere Preise verlangt?
Durch den drastischen Anstieg der Gaspreise kann es vorkommen, dass ein Gasversorger den eigenen Kunden zum Ende der Vertragslaufzeit kündigt. Ist dies der Fall, rutschen die Kunden in der Regel in die Ersatzversorgung des Grundversorgers. Grund- und Ersatzversorgung sind also Instrumente, damit möglichst niemand ohne Energieversorgung bleibt. Oft bezahlen Kunden in der Ersatzversorgung jedoch einen höheren Preis pro Kilowattstunde als in ihrem vorherigen Tarif. Doch darf der Ersatzversorger einfach Preise berechnen, wie er will?
Lange war die Ersatzversorgung, die als Notversorgung nur für den Übergang zu einem neuen Vertrag gedacht war, mit den Preisen der Grundversorgung identisch. Inzwischen wurde jedoch festgestellt, dass die Ersatzversorgung höhere Kosten bei den Unternehmen verursacht und zugestanden, dass sie für den Zeitraum von maximal drei Monaten höhere Preise als in der Grundversorgung nehmen dürfen. Verbraucher sind allerdings nicht dazu gezwungen, in der Ersatzversorgung zu bleiben. Einschreiten könnte der Staat bisher nur über das Kartellrecht - das ist nur unter bestimmten Voraussetzungen anwendbar und geschieht in der Regel auch erst mit einiger Verzögerung.
Kann ich die Abschlagszahlungen selbst festlegen?
Für Strom und Gas bezahlen Verbraucher Abschläge, die im Vorfeld festgelegt und bezahlt werden. Die Abschlagshöhe berechnet sich dabei aus den Kosten für den jährlichen Energieverbrauch, geteilt durch die Anzahl der Monate. Den Energieverbrauch kann der Versorger schätzen oder sich beispielsweise am Vorjahr orientieren. Doch was, wenn Verbraucher nun sparen und weniger Energie verbrauchen - müssen sie dann trotzdem noch höhere Abschlagszahlungen leisten? "Man kann dem Versorger sagen, ich verbrauche diese Menge und daher bezahle ich jetzt nur noch diesen Betrag. Dann muss Versorger das eigentlich akzeptieren", erklärt Möller. Denn man muss als Abschlag nicht mehr bezahlen, als man wirklich verbraucht. Dazu sollten Verbraucher am besten ihre eigenen Verbräuche dokumentieren und anschließend den Preis der Abschlagszahlung berechnen. Solange Verbraucher mit korrekten Zahlen argumentieren, können sie ihre Abschlagshöhe also sozusagen selbst festlegen.
Im Allgemeinen gilt: Die Abschlagzahlung muss rechnerisch zum durchschnittlichen Verbrauch passen. Aber in manchen Fällen schätzen die Versorger den Verbrauch zu hoch ein. Dann kann der Kunde widersprechen und durch Vorlage von Verbrauchszahlen aus Ablesung oder Rechnung eine Korrektur erreichen. Das Gleiche gilt, wenn beispielsweise ein Haushaltsmitglied auszieht und dadurch der Verbrauch sinkt.
Darf der Energieversorger die Abschlagszahlungen erhöhen?
Wer von seinem Versorger eine Erhöhung der Abschlagszahlungen erhält, kann im ersten Schritt Widerspruch einlegen. Am besten als Einschreiben mit Rückschein an den Versorger schicken und diesem dann etwas Zeit geben, darauf zu reagieren. Falls sich daraufhin nichts tut, können die Verbraucherzentralen weiterhelfen. Zudem gibt es eine Schlichtungsstelle Energie in Berlin, die sich speziell mit solchen Fragen beschäftigt.
Auch ist es ratsam, die eigenen Verbrauchsdaten zu dokumentieren. So weiß man, wie viel man jeden Monat verbraucht und auch, ob man beispielsweise etwas eingespart hat. Mithilfe der dokumentierten Verbräuche könnte man anschließend dem Energieversorger entgegentreten und deutlich machen, wie viel wirklich verbraucht wurde und dass Abschlagszahlungen eventuell zu hoch angesetzt sind. Denn der Gesetzgeber hat im Energiewirtschaftsgesetz vorgeschrieben, dass ein Versorger reagieren und die Abschlagszahlungen anpassen muss, wenn ein Verbraucher glaubhaft nachweisen kann, was verbraucht wurde.
Kann der Versorger rückwirkend die Preise erhöhen?
Versorger müssen mit einem Vorlauf von vier Wochen eine Preiserhöhung ankündigen. Soll rückwirkend mehr bezahlt werden, können Verbraucher Widerspruch einlegen.
Darf der Versorger Preise erhöhen trotz Preisgarantie?
Einige Kunden haben mit ihren Versorgern Verträge mit einer Preisgarantie. Sie haben also vertraglich festgelegt, dass der Versorger nichts am Preis ändert. Im Regelfall haben die Kunden für diese Preisgarantie sogar einen leicht höheren Tarif bezahlt. Darf der Versorger den Gaspreis erhöhen, auch wenn eine Preisgarantie vereinbart wurde? Das darf er eigentlich nicht, denn Vertrag ist Vertrag. Aber: Preisgarantien beziehen sich nur auf die Preise des Versorgers, nicht auf Steuern, Abgaben und Umlagen. "Es handelt sich bei den meisten Preisgarantien um sogenannte eingeschränkte Preisgarantien. Der Grundpreis darf dann nicht erhöht werden, aber Faktoren wie Steuern oder Umlagen können sich ändern. Den höheren Preis muss der Verbraucher dann tragen", erklärt Rechtsexperte Möller.
Würde ein Anbieter den Grundpreis trotz Preisgarantie erhöhen, so könnten und sollten Kunden einer solchen Erhöhung widersprechen. In Nordrhein-Westfalen wurde eine solche Preiserhöhung trotz Garantie einem Anbieter gerade gerichtlich untersagt.
Verbrauch abschätzen und Geld für Nachzahlungen zurücklegen
Auch wenn Sie Ihren Verbrauch reduzieren, ist es ratsam, etwas Geld für Nachzahlungen zurückzulegen. So ist man vorbereitet, falls die Preise weiter steigen und auch das Energiesparen nicht genug geholfen hat. Karl-Dieter Möller empfiehlt zudem, grob mitzurechnen, wie viel man verbraucht hat und welche Kosten auf einen zukommen könnten. Zu diesem Zweck bietet die Verbraucherzentrale einen Energiepreis-Rechner an.