Es ist die drittgrößte Wahl nach Bundestags- und Europawahlen – die Sozialwahl. 52 Millionen Versicherte dürfen 2023 darüber mitentscheiden, wofür ihre Monatsbeiträge bei den Krankenversicherungen und der Rentenkasse ausgegeben werden. Das Problem: Die wenigsten interessieren sich dafür. Nur 30,4 Prozent der Wahlberechtigten gaben bei der letzten Sozialwahl 2017 ihre Stimme ab.
Was ist die Sozialwahl?
Seit 1953 findet die Sozialwahl in Deutschland statt und zwar alle sechs Jahre. Eine Wahl, in der es um zwei wichtige Dinge geht, die alle betreffen: Gesundheit und Rente.
Der Gesetzgeber hat im Sozialgesetzbuch festgelegt, dass die Sozialversicherungsträger in Deutschland eine dem Staat gegenüber eigenständige Verwaltung haben. Die gesetzliche Sozialversicherung ist also selbstverwaltet. Das heißt: Beitragszahler können mitbestimmen, wer in den Parlamenten der wichtigsten Sozialversicherungen sitzen soll. Es geht also um die Parlamente der Rentenversicherung und der gesetzlichen Krankenkassen.
Frauen aller Altersklassen beteiligen sich übrigens häufiger als Männer an dieser Wahl. Sie waren jedoch lediglich mit rund 20 Prozent Frauenanteil vertreten: Das soll sich 2023 ändern. Und so stehen in diesem Jahr 40 Prozent Frauen auf den Wahllisten.
Bei den Ersatzkassen der gesetzlichen Krankenkassen wird im Rahmen der Sozialwahl eine Urwahl durchgeführt. Das heißt, jeder Versicherte, jede Versicherte hat eine Stimme, die er oder sie vergeben kann. Zu diesen Ersatzkassen zählen die Barmer, TK, DAK-Gesundheit, KKH und hkk.
Warum gibt es die Sozialwahl?
Wahlberechtigte haben durch die Sozialwahl die Chance, mitzubestimmen – und zwar bei der Sozialversicherung, für die sie jeden Monat Beiträge zahlen. Die Parlamente sind an allen wichtigen Entscheidungen, die Versicherte betreffen, beteiligt. So beschließen sie zum Beispiel den Haushalt, neue Leistungen oder Bonusprogramme und sie kontrollieren die Vorstände.
Die gewählten Mitglieder der Parlamente arbeiten ehrenamtlich. Ohne ihr Engagement würde die Idee der Selbstverwaltung von Sozialversicherungen nicht funktionieren.
Wie wird gewählt?
Wer bei den beteiligten Institutionen sozialversichert und mindestens 16 Jahre alt ist, ist wahlberechtigt. Die Wahlunterlagen kommen automatisch per Post. Bis 2017 war die Sozialwahl eine reine Briefwahl. Bei den Ersatzkrankenkassen dürfen diesmal die Wahlberechtigten aber auch online abstimmen. Laut einer Forsa-Umfrage, die die Techniker Krankenkasse in Auftrag gegeben hat, will das etwa jeder Zweite, jede Zweite in Rheinland-Pfalz auch nutzen. Bei der Rentenversicherung gibt es die Möglichkeit, online abzustimmen, aber noch nicht. Dort wird nach wie vor per Brief abgestimmt.
Wer sowohl kranken- als auch rentenversichert ist, hat unter Umständen zwei Stimmen: Eine für den Verwaltungsrat der Rentenversicherung Bund und eine für den Verwaltungsrat seiner Ersatzkasse.
Es handelt sich dabei um eine Listenwahl. Das heißt: Je mehr Stimmen eine Liste bei der Wahl erhält, desto mehr Sitze kann sie in den Parlamenten mit ihren Kandidaten besetzen.
Die Wähler und Wählerinnen haben pro Wahlumschlag eine Stimme. Diese müssen sie bis zum 31. Mai 2023 abgeben bzw. abschicken.
Welche Kritik gibt´s an der Sozialwahl?
Der Gesetzgeber gibt zwei Möglichkeiten der Sozialwahl vor – eine Urwahl per Stimmzettel oder eine Friedenswahl. Eine Friedenswahl kommt dann zustande, wenn nicht mehr Kandidaten auf einer Liste stehen, als ohnehin nur ins Parlament einziehen dürfen. In diesem Fall stehen die Parlamentsmitglieder also schon fest und die Versicherten bekommen keine Möglichkeit zur Mitbestimmung. Viele gesetzliche Krankenkassen wie die AOK oder die Betriebskrankenkassen – die nicht zu den Ersatzkassen zählen – führen solch eine Friedenswahl durch. Dieser Vorgang wird von Kritikern als undemokratisch angesehen.
Der Bund der Steuerzahler kritisiert zudem immer wieder die hohen Kosten der Sozialwahl. So soll die letzte Sozialwahl 2017 rund 59 Millionen gekostet haben.