Rund 300.000 Menschen im Bundesland leiden unter Lärmbelastung durch Straßenverkehr, noch mehr durch Schienenverkehr. Und dieser Lärm kann gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit haben.
Lärm kann nicht nur Stress, sondern auch Schlafstörungen und Herzkreislaufkrankheiten verursachen. Vor allem in Innenstädten, aber auch an Bundesstraßen oder Autobahnen erreicht die Lärmbelastung in Rheinland-Pfalz besorgniserregende Werte: Dauerbelastungen von mehr als 70 Dezibel sind an vielen Stellen normal. Von einer Lärmbelastung spricht man grundsätzlich ab 55 Dezibel am Tag und 45 Dezibel bei Nacht – das sind die Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation.
In Rheinland-Pfalz sind demnach laut einer Erhebung des Umweltbundesamt fast 300.000 Menschen von Straßenverkehrslärm betroffen, mehr als 400.000 Menschen von Schienenverkehrslärm. Das kann erhebliche Folgen für die Gesundheit haben. Übrigens: Das Land muss den Umgebungslärm zwar regelmäßig ermitteln, Maßnahmen zum Schutz von betroffenen Anwohnern sind aber nicht verpflichtend. Mit Folgen für die Menschen vor Ort.
Hoher Blutdruck und angegriffene Gefäße
Lärm gilt nach der Luftverschmutzung als wichtigster Risikofaktor für Erkrankungen oder Tod durch Umwelteinflüsse. Umgebungslärm über längere Zeit kann Stressreaktionen im Körper, hohen Blutdruck und Gefäßentzündungen verursachen. Bei jahrelanger Exposition kann das zu Herzschwäche (Herzinsuffizienz), einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen.
Neuere Studien belegen auch einen Zusammenhang von Lärmbelastung und Tumorerkrankungen, Diabetes mellitus und Übergewicht. Ein dramatischer Einfluss von Verkehrslärm wurde außerdem auf Demenzentwicklungen, insbesondere Alzheimer, festgestellt - bei einer dauerhaften Lärmbelastung durch Werte ab 65 Dezibel. Professor Thomas Münzel ist Kardiologe an der Unimedizin Mainz. Er beschäftigt sich auch mit den Auswirkungen von Lärm auf die Gesundheit.
Mit Lärmaktionsplänen gegen den Stress
Alle fünf Jahre müssen die Länder sogenannte Lärmkarten anfertigen – die halten den Umgebungslärm an viel befahrenen Straßen und Schienenwegen, sowie in Ballungsräumen und an Großflughäfen fest.
Auf Basis dieser Karten sind Gemeinden dazu verpflichtet, Lärmaktionspläne zu erstellen – die sollen Maßnahmen enthalten, um Anwohner vor Lärm zu schützen. Zum Neubau von Verkehrswegen gelten bezüglich einer Lärmvorsorge gesetzlich festgelegte Grenzwerte. Zur Lärmsanierung hingegen – also zum Schutz von betroffenen Anwohnern durch bestehenden Lärm – gibt es nur Richtwerte. Die liegen bei ca. 65 Dezibel am Tag und 55 Dezibel in der Nacht.
Maßnahmen können sein:
- Tempo 30: Das Tempolimit kann eine Lärmminderung von bis zu drei Dezibel erreichen und ist relativ leicht umzusetzen
- Lärmmindernde Fahrbahnbeläge
- LKW-Fahrverbot (bei Nacht)
- Schallschutzwände
- Umgehungsstraßen
- Förderung von Schallschutzfenstern
Solche Lösungsansätze scheitern in der Umsetzung jedoch häufig an der fehlenden gesetzliche Verpflichtung – und an der Finanzierung. So gibt Professor Kerstin Giering, Expertin für Schallschutz an der Hochschule Trier zu bedenken:
Die Professorin im Bereich Umweltplanung und Umwelttechnik fordert neben einem geregelten Lärmschutzgesetz mit klaren Grenzwerten außerdem ein Umdenken in der Mobilität:
Resilienztraining hilft – und Ohrstöpsel
Ohrstöpsel können hilfreich sein, vor allem in der Nacht. Mediziner Prof. Thomas Münzel empfiehlt grundsätzlich, regelmäßig zum Gesundheitscheck zu gehen. Auch Resilienztraining könne dabei helfen, Lärmschäden abzumildern. Hintergrund: Wer den Stress besser kompensieren kann, senkt das Risiko für Herzkreislauferkrankungen.
Neueste Untersuchungen haben außerdem ergeben, dass körperliches Training und Fasten bei der Reduzierung von Lärmschäden helfen können.