Links oder rechts? Wer mit welcher Hand einen Gegenstand greift, schreibt oder mit einer Schere schneidet – die Präferenz zur rechten oder linken Hand entwickeln bereits Kleinkinder. Denn: Ob ein Mensch Links- oder Rechtshänder ist, ist angeboren und hat mit seiner Gehirnaktivität zu tun.
Händigkeit zeigt sich früh im Leben
Wie eine Linkshändigkeit entsteht, ist noch nicht klar. Klar ist aber, die Händigkeit vererbt sich multifaktoriell. Das heißt, die sogenannte Händigkeit eines Menschen ist unabhängig von der der Eltern. Sind Vater und Mutter Rechtshänder, kann das Kind Linkshänder sein. Die Händigkeit zeigt sich früh im Leben, nämlich innerhalb des ersten Lebensjahres. Zunächst entwickeln Kinder ihre Händigkeit erst mal über eine Beidhändigkeit. Nach einem halben Jahr kristallisiert sich eine dominante Hand heraus.
Zu erkennen ist dies daran, dass das Kind versucht, vieles nur noch mit einer Hand zu tun: Den Löffel greifen, Bausteine oder Puppen – Gegenstände, die sich direkt vor dem Kind befinden und somit aus einer händigkeitsneutralen Position heraus gegriffen werden. Das Kind könnte mit der rechten oder linken Hand zugreifen. In der Regel wird dabei dann die dominante Hand benutzt.
Unterstützung für Linkshänder
Für Rechtshänder und auch (rechtshändige Eltern) ist es oft nur schwer vorstellbar, wie der Alltag von Linkshändern (und linkshändigen Kindern) aussieht und welchen Schwierigkeiten Linkshänder oftmals gegenüber stehen: Schuhe binden, das Schneiden mit marktüblichen Scheren, das Anspitzen von Buntstiften.
Wer unsicher ist, welche Händigkeit er selbst oder sein Kind mitbringt, für den kann eine Linkshänder-Beratung sinnvoll sein. Mit Hilfe einer solchen Händigkeitsabklärung kann dann die dominante Hand bestimmt werden.
So läuft eine Händigkeitsabklärung ab
Vera Ströbel aus Simmern im Westerwald ist zertifizierte Linkshänder-Beraterin und begleitet Kinder im Vorschulalter, Schulkinder und Erwachsene bei ihrer Händigkeit. Eine Händigkeitsabklärung erfolgt bei ihr über einen Zeitraum von anderthalb bis zwei Stunden. Dazu werden auf einem Tisch Gegenstände ausgelegt. Die Klienten haben so die Möglichkeit, mit jeder Hand gut zuzugreifen. Welche Hand wird wann und wie oft benutzt? Die Sitzung wird gefilmt und die Auswertung des Materials kann über die vorliegende Händigkeit Auskunft geben.
Solche Beratungsangebote sind relativ neu. Bis in die 1980er Jahre wurden Kinder in der Schule angehalten – und oft auch gezwungen, mit rechts zu schreiben.
Folgen falscher Händigkeit
Ausschlaggebend für die tatsächlich vorliegende Händigkeit ist das Schreiben. Das heißt, dass Tätigkeiten wie Zähneputzen und Kochen von Linkshändern auch mal mit der rechten Hand erledigt werden. Wenn Linkshänder aber über einen längeren Zeitraum die "falsche" Hand für Schreibtätigkeiten verwenden, hat das Folgen. So beispielsweise Verspannungen bis in den Schulter- und Kopfbereich oder Migräneattacken.
Auch Victoria Mayer hat diese Erfahrung gemacht. Die Westerwälderin ist geborene Linkshänderin und wurde von ihren Eltern im Kleinkindalter auf rechts umgeschult. Dass sie eigentlich Linkshänderin ist, hat sie erst im Erwachsenenalter durch Zufall herausgefunden. Sie fing an, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen und entschloss sich im Alter von 38 Jahren zu einer Rückschulung.
Eine Rückschulung kann unterschiedlich lang dauern und ist ein individueller Prozess. Es kommt darauf an, in welcher Situation sich der Klient gerade beruflich oder familiär befindet oder ob die linke Hand in der Vergangenheit bereits aktiv für Tätigkeiten benutzt wurde.
Sinnvolle Linkshänder-Gegenstände
Linkshänder-Beraterin Vera Ströbel empfiehlt linkshändigen Kindern für die Schule eine Linkshänder-Schere, einen Linkshänder-Füller sowie einen Linkshänder-Spitzer. Nicht zu empfehlen sind ihrer Meinung nach Linkshänder-Uhren aber auch Linkshänder-Lineale, bei denen das Zahlenband in die andere Richtung verläuft.
Für Schülerinnen und Schüler der achten und neunten Klasse, die mit dem Zahlenraum bereits vertraut sind, kann es dann aber sinnvoll sein, ein Linkshänder-Geodreieck zu benutzen, so die Expertin.
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Obwohl es so ein alltägliches Phänomen ist, hat die Wissenschaft noch keine Ahnung, warum sich die rechte Hand durchgesetzt hat. Und sie weiß noch nicht einmal, wie man überhaupt zum Linkshänder wird. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.