Definition, Zweck und Voraussetzungen

Wo Bürger die Energiewende voranbringen: Energiegenossenschaften

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Die Energiewende – ein Schlagwort, das oft fällt. Besonders ernst nehmen sie Bürger, die zum Beispiel mit Photovoltaikanlagen ihre Häuser aufrüsten und sich energetisch auf den neuesten Stand bringen. Sie tragen mehr als doppelt so viel zur Energiewende bei wie andere Akteure, seien es Landwirte, Banken, Gewerbetreibende oder Projektentwickler. Es gibt bundesweit bereits mehr als 1.100 sogenannte Bürgerenergiegenossenschaften mit einer Viertelmillion Mitgliedern.

Eine solche Bürgerenergiegenossenschaft, die bürgerINenergie eG hat Nicolas Schweigert 2023 in Speyer mitgegründet. Sein Credo: Bürger sollten z.B. mit eigenen Photovoltaik-Anlagen die Energiewende beschleunigen, die ihm zu langsam geht. Er hatte in den Jahren zuvor für den Klimaschutz demonstriert, aber dann nicht wirklich gemerkt, dass sich etwas verändert. Er sieht viel Energiepotential in seiner Gegend, das hat ihn motiviert, bei der Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft vorne mit dabei zu sein.

Was ist eine Bürgerenergiegenossenschaft und was macht sie?

Eine Bürgerenergiegenossenschaft ist ein Zusammenschluss von Leuten, die das Thema Energiewende voranbringen wollen, die unabhängig sind und vor Ort die Wertschöpfung lassen wollen. Sie sammeln Geld von den Mitmenschen, den Genossen, ein und gestalten damit Energieprojekte.

Zeichnung: Bürger tragen einen Richtungspfeil, der auf einen Globus mit grüner Energiegewinnung zielt.
Gemeinsam die Welt retten? Bürgerenergiegenossenschaften gehen mit Beispiel voran!

Beispiel 1: Die Bürgerenergiegenossenschaft hat den Eheleuten Meinert aus Römerberg eine 30.000 Euro teure Solar-Anlage aufs Dach montiert. 20 Jahre lang mietet das Ehepaar die Anlage, danach lösen die beiden sie für einen Euro ab. Erst durch die Unterstützung der Bürgerenergiegenossenschaft haben sich die Meinerts getraut, selbst Energie zu produzieren. Die Eheleute sind begeistert von der einfachen Abwicklung der Sache. Die Genossenschaft hat die Planung gemacht fürs Dach. Die Genossenschaftler haben sich angeschaut, wie viele Paneele nötig sind, haben die Rahmenbedingungen abgesteckt, die Monteure angeheuert und die behördliche Anmeldung gemacht. Der Elektriker kam, baute alles ein und das Ehepaar bekam die Anlage schlüsselfertig übergeben.

Beispiel 2: Die Bürgerenergiegenossenschaft bietet auch an, dass jemand nur sein Dach an die Genossenschaft vermietet, die dann eine Solaranlage drauf setzt. So können viele Bürger die Energiewende selbst vorantreiben – jeder nach seinem Potential. Die Genossenschaft setzt Energieprojekte auch für öffentliche Träger um.

Beispiel 3: Der Bürgermeister der Gemeinde Römerberg, Matthias Hoffmann, fände eine Solaranlage auf der Sporthalle wünschenswert. Das Projekt kann die Gemeinde wegen Personalknappheit nur schwer stemmen. Das würde mit Hilfe der Bürgerenergiegenossenschaft wesentlich schneller gehen. So könnte in Zukunft das Duschwasser per Sonnenenergie erhitzt werden, überschüssige Energie würde gespeichert. Damit könnte die Hallenbeleuchtung betrieben werden. In einem weiteren Schritt könnte eine Wärmepumpe diese Energie vom Dach nutzen.

Beispiel 4: Seit September 2024 gibt es Regionalstrom in Speyer und Umgebung zu kaufen zu marktüblichen Preisen. Die Bürgerenergiegenossenschaft fordert zwei Euro mehr pro Monat, die in weitere Energieprojekte investiert werden.

Wo sind Bürgerenergiegenossenschaften sinnvoll?

Ob auf dem Land oder in der Stadt – Bürgerenergiegenossenschaften sind überall sinnvoll. Der bundesweit agierende Verband "Netzwerk Energiewende Jetzt" stellt fest, dass das Thema auf dem Land besonders beliebt ist. Rund 60 Prozent aller Energiegenossenschaften sind im ländlichen Gebiet, wahrscheinlich weil sich da die Leute besser kennen und eine größere Identifikation mit ihrem Ort haben. Die Genossenschaften bauen Nahwärmenetze, beteiligen sich an Windenergie- und an Photovoltaikanlagen, betreiben Biogasanlagen und Hackschnitzelwerke. Aus der Sicht der Bürgerenergiegenossenschaft kann so jeder einzelne Bürger seinen Beitrag zur Energiewende leisten. Man produziert den Strom zu Hause, das spart Netzkapazitäten. Das ist für die Genossenschaften die Energiewende im kleinen, lokalen Stil.

Wie gründet man eine Bürgerenergiegenossenschaft?

Mindestens drei Personen müssen die Gründung durchführen. Eine Satzung legt den Genossenschaftszweck fest. Die Mitgliederversammlung wählt den Vorstand, der ehrenamtlich arbeitet. Mitglied wird man mit dem Kauf eines Anteils von 100 Euro – Geld, das der Energiewende zu Gute kommt. Damit können kleine, aber auch größere Projekte umgesetzt werden, wie zum Beispiel Beteiligung an Windenergie. Die Erfahrung der Bürgerenergiegenossenschaft ist, dass Bürger gerne vor Ort investieren, weil sie genau sehen können, was passiert.

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Autor/in
SWR Fernsehen