Schaulustige haben in der Ludwigshafener Innenstadt am 1. Oktober eine Rettungsaktion für ein Kleinkind behindert, das reanimiert werden musste. Dabei sind seit Anfang des Jahres die Strafen fürs Gaffen verschärft worden.
150 Menschen hatten eine große Menschentraube um das einjährige Kinde gebildet, so dass der Kindernotarzt kaum noch durch die gaffende Menge hindurch kam. Selbst auf das Martinshorn des eintreffenden Notarzt-Wagens hätte die Menge nicht wirklich reagiert, berichten Rettungskräfte. Erst als zwei Streifenwagen mit Lautsprecherdurchsagen zum Weitergehen aufforderten, machten sie den Weg frei.
So wird Gaffen lebensgefährlich
Sobald ein Unfall oder Unglück geschieht, schauen wir Menschen hin und wollen sehen, was passiert ist, um uns zu orientieren: Braucht jemand Hilfe? Was kann man aktiv tun? Oder muss man sich zunächst selber außer Gefahr bringen? Ist bereits Hilfe vor Ort, sollte man nach dieser ersten Orientierung den Unfallort verlassen.
Doch nicht alle Menschen überlegen, wie man sich richtig verhält, wenn man an einem Unfall vorbei kommt. Manche fahren lediglich langsam, um neugierig zu schauen oder bleiben gar stehen und fotografieren oder filmen den Unfallort und stellen das Material sensationsheischend ins Internet. Ein großes Problem: Wenn sie dabei den Weg für Rettungsdienste blockieren, kann das sogar Leben kosten. Deshalb wurden die Strafen fürs Gaffen Anfang des Jahres verschärft.
Wie man sich richtig verhält, wenn man an einer Unfallstelle vorbei kommt
- Sollte sich der Unfall gerade erst ereignet haben, müssen Sie die Unfallstelle sichern, einen Notruf absetzen und nach Möglichkeit erste Hilfe leisten
- Wenn Sie sich dem Unfall nähern, halten Sie unbedingt eine Rettungsgasse frei, damit Helfer schnell durchkommen.
- Sollten bereits Ersthelfer vor Ort sein, fahren Sie zügig weiter. Drängeln oder überholen Sie nicht.
- Achten Sie auf sich und den Verkehr. Zum Unfallort zu schauen verursacht häufig Auffahrunfälle.
Gaffen gefährdet Menschenleben
Bei Notfällen geht es für die Rettungskräfte um Sekunden. Schnellstmöglich müssen sie die Opfer versorgen. Oft werden sie dabei jedoch durch Gaffer behindert:
- Sie bilden keine Rettungsgasse.
- Menschen steigen aus den Autos aus, um zu sehen, was beim Unfall weiter vorne passiert ist. Herannahenden Rettungsfahrzeugen machen sie erst spät Platz.
- Am Unglücksort stehen sie im Weg, die Rettungskräfte müssen sich zu den Verletzten durchfragen.
- Häufig versperren Gaffer den Hilfskräften den Weg zur Ausrüstung.
All das kostet die Rettungskräfte wertvolle Sekunden und die Opfer vielleicht ihr Leben. Immer wieder gefährden Gaffer auch sich selbst: Fallen etwa von Mauern, die als Aussichtspunkt dienten, treten einen Schritt zurück und werden vom Auto erfasst oder sie verursachen durch das langsamere Fahren Auffahrunfälle.
So werden Gaffer bestraft
Seit Anfang des Jahres 2021 wird Gaffen härter bestraft:
- Das Filmen oder Fotografieren von Verletzten oder Toten: Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Material hochgeladen oder nur für eigene Zwecke aufgenommen wurde.
- Unterlassene Hilfeleistung: Ein Jahr Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe von bis zu 1.000 Euro.
- Behinderung von Einsatzkräften: Ein Jahr Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe von bis zu 1.000 Euro.
Diese weitere Maßnahmen gegen Gaffer gibt es
Die Feuerwehr, Polizei und das THW stellen bei größeren Unfällen Sichtschutzwände auf, um Gaffer abzuhalten. Desweiteren platziert die Polizei Kameras an Unfallstellen, um filmende Autofahrer danach ausfindig machen zu können.
Die Johanniter Berlin haben einen Teil ihrer Rettungswagen mit QR Codes bedruckt: wer sie filmt oder fotografiert, bekommt automatisch eine Nachricht angezeigt: Stopp! Gaffen tötet! So soll den Filmenden direkt die Konsequenz ihres Handelns aufgezeigt werden.