Eine Ernährung mit Kohlenhydraten, die den Blutzucker stark ansteigen lassen, erhöht das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und einen vorzeitigen Tod. Das zeigt eine der größten internationalen Ernährungsstudien mit Teilnehmern aus aller Welt. Solche Lebensmittel haben einen hohen sogenannten Glykämischen Index, abgekürzt GI. Doc Fischer zeigt, welche Produkte gefährlich werden können, und welche Kohlenhydrate man problemlos essen kann.
Was ist der glykämische Index, GI?
Der Glykämische Index, GI, ist eine Zahl, die eine Eigenschaft von Nahrungsmitteln zum Ausdruck bringt: Der Index gibt an, wie 50 Gramm Kohlenhydrate aus einem Nahrungsmittel den Blutzucker innerhalb von zwei Stunden steigen lassen.
Als Referenzwert mit 100 gilt meist Traubenzucker, weil er den Blutzucker am schnellsten und stärksten in die Höhe treibt. Alle anderen Kohlenhydrate werden in Relation dazu bewertet. Mit einem Wert von 95 liegt beispielsweise Baguette nur knapp darunter, Cornflakes haben einen Wert von 86, Äpfel von 36. Besonders niedrig ist der Wert bei Linsen und anderen Hülsenfrüchten wie Erbsen oder Kichererbsen mit 22.
Was ist die glykämische Last, GL?
Die Glykämische Last, abgekürzt GL, berücksichtigt die Menge des Lebensmittels, die aufgenommen werden muss, um den angegeben Glykämischen Index, GI, zu erreichen. Weil zum Beispiel die gleiche Menge Weißbrot deutlich mehr Kohlenhydrate enthält als eine Wassermelone, hat Weißbrot eine deutlich höhere Glykämische Last.
Berechnet wird die GL mit folgender Formel: GI des Lebensmittels mal die Kohlenhydrate des Lebensmittels pro Portion geteilt durch 100.
Wie gesundheitsgefährdend ist der Verzehr von Kohlenhydraten mit einem hohen glykämischen Index?
Eine weltweite Beobachtungsstudie zeigt, was passiert, wenn Menschen viele Kohlenhydrate mit einem hohen glykämischen Index essen. Für die Studie haben Wissenschaftler aus Toronto 140.000 Erwachsene auf fünf Kontinenten über 20 Jahre begleitet, ihre Ernährungsgewohnheiten untersucht und erforscht, wie viele von ihnen Herz-Kreislauf-Krankheiten bekommen.
Das Ergebnis: Durch verstärkten Konsum von Lebensmitteln mit hohem glykämischem Index steigt das Risiko, eine solche Krankheit zu bekommen und daran zu versterben, um mehr als 25 Prozent. Der Verzehr von Produkten mit hohem glykämischem Index kann zudem zu Problemen wie Gewichtszunahme führen.
Nahrungsmittel mit hohem glykämischem Index verursachen Heißhunger
Außerdem bedeutet ein hoher GI, dass der Blutzucker schnell nach oben schießt. Besonders Diabetiker sollten Blutzuckerspitzen aber meiden.
Professor Stephan C. Bischoff von der Universität Hohenheim erläutert den Zusammenhang: "Nahrungsmittel mit einem hohen glykämischen Index führen dazu, dass der Blutzucker schnell ansteigt - denn diese Nahrungsmittel oder deren Kohlenhydrate werden schnell aufgenommen. Dann kommt es zu einer Insulinreaktion, die treibt den Zucker wieder runter. Dieses Runtertreiben des Zuckers löst Heißhunger aus - und dann kommt die Lust darauf, mehr zu essen."
In Folge dessen fährt der Blutzuckerspiegel Achterbahn - und so große Schwankungen mag der Körper überhaupt nicht. Vor allem ein zu hoher Blutzuckergehalt führt zu Problemen. Ist zu viel Glukose im Blut, verkleben die Zuckermoleküle die Blutgefäße. Auf Dauer verursacht das Entzündungsprozesse in den Blutbahnen und führt unter anderem zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Müdigkeit durch Blutzuckerabfall
Außerdem hat ein schneller Blutzuckeranstieg gefolgt von einem schnellem Blutzuckerabfall noch weitere Auswirkungen. Prof. Norbert Stefan von der Uniklinik Tübingen erklärt: "Ein Blutzucker-Abfall führt dazu, dass der Energieverbrauch komplett runtergefahren wird. Das heißt der Muskel verbrennt plötzlich nichts mehr. Das Herz fängt an, langsamer zu schlagen. Die Gefäße werden schlapper." Es komme zum Blutdruckabfall und das seien alles Mechanismen, die auch dafür sorgen, dass wir müde werden.
Heißhunger auf Süßes und Müdigkeit sind also kurzfristige Auswirkungen. Doch auch langfristig gesehen hat häufiger Zuckerkonsum gesundheitliche Konsequenzen.
Denn geht Zucker häufig und schnell ins Blut, wird er zum Großteil in der Leber zu Fett umgebaut. Dieses Fett wird dann wieder ins Blut abgegeben und findet seinen Weg in das Unterhautfettgewebe zum Beispiel an den Hüften. Verantwortlich für die Fettverteilung sind die Hormone Testosteron beim Mann und Östrogen bei der Frau. Diese Hormone nehmen jedoch mit zunehmendem Alter ab. Folglich findet das Fett seinen Weg nicht mehr in das Unterhautfettgewebe. Das Fett zirkuliert zurück und lagert sich in der Leber, in der Bauchspeicheldrüse, im Herz und an den Skelettmuskeln ab. "Und dann verfetten innen die Organe. Und das passiert viel schneller, wenn ich zuckerreich im Vergleich zu ballaststoff- bzw. proteinreich esse", weiß Prof. Norbert Stefan. Folgen davon sind wiederum Organschäden und Diabetes.
Zubereitungsart von Essen hat Auswirkung auf den glykämischen Index
Der glykämische Index einzelner Lebensmittel ist nicht immer einfach zu bestimmen, denn in manchen Fällen wird er durch die Art der Zubereitung zusätzlich beeinflusst. Das ist beispielsweise bei Kartoffeln der Fall.
Die Ernährungswissenschaftlerin Sara Vetrugno erklärt: "Bei der Zubereitung wird der Glykämische Index von Kartoffeln höher, wenn man sie stampft, zum Beispiel für Kartoffelpüree. Dann sind sie sehr klein, und die Oberfläche ist größer. Das heißt, der Körper kann viel schneller die Glukose rauslösen, und der Blutzuckerspiegel steigt stark an."
Aufwärmen spart Kalorien Resistente Stärke: So machen Nudeln, Kartoffeln und Reis schlank
Energiereiche Beilagen haben weniger Kalorien und sind sogar gesund, wenn sie über Nacht im Kühlschrank bleiben. Denn dort verändern sie ihre Kohlenhydrate in resistente Stärke.