Ein plötzlicher, massiver Sehverlust
Ein Schlaganfall im Auge ist fast immer schmerzlos. Man erleide vom einen auf den anderen Moment einen deutlichen Sehverlust auf dem Auge, der anhalte und massiv einschränke, erläutert Prof. Martin Spitzer, Direktor der Augenklinik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
Manche Betroffene berichten von einem Schleier über dem Auge, bei anderen sind einzelne Bereiche im Sichtfeld schwarz oder sie sehen gar nichts mehr. Das seien klare Hinweise auf einen Zentralarterien-Verschluss, auch Augen-Infarkt genannt, so Augenspezialist Martin Spitzer.
Die plötzlichen Sehstörungen treten auf, weil die Netzhaut nicht mehr mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird. Schuld daran: Eine Verstopfung der zentralen Arterie. Für die Netzhaut des Auges ist das wie ein Stromausfall. Man spricht auch von einem Schlaganfall im Auge.
Sofort Notarzt rufen
In der Regel hat man wenig Zeit, seine Sehkraft zu retten. Denn innerhalb von nur vier bis fünf Stunden löst ein solcher „Stromausfall“ im Auge unwiderrufliche Schäden an den Nervenzellen aus. Das Auge droht zu erblinden. Die Ärzte müssen dann entscheiden, ob sie eine blutverdünnende Therapie, die sogenannte „Lyse-Therapie“, durchführen wollen.
Schwere Entscheidung für Ärzte
Das Problem: Die Lyse-Therapie ist bislang nicht etabliert bei Augeninfarkten, weil sie das Risiko tödlicher Hirn-Blutungen birgt. Bei Schlaganfällen im Gehirn ist die Lyse-Therapie dagegen seit Jahren der Standard.
Aber schnelles Handeln zahlt sich aus: Wird das Gefäß rechtzeitig frei, kann das Blut im Auge wieder zirkulieren und die Nerven versorgen. Das Auge kann so in den ersten Stunden nach dem Augeninfarkt vor der Erblindung gerettet werden. Die Sehkraft verbessert sich nach und nach wieder.
Ist die Lyse-Therapie doch die Lösung?
Eine aktuelle Studie des Augenspezialisten Prof. Martin Spitzer unter der Leitung des Tübinger Neurologen Prof. Sven Poli untersucht die Heilungserfolge und Risiken der Blutverdünner, wie sie die Lyse-Therapie verwendet. Der Verdacht der Forschenden: Die Lyse-Therapie habe in vergangenen Untersuchungen schlecht abgeschnitten, weil die Patienten zu spät behandelt wurden. Die Untersuchungen fokussieren sich jetzt auf einen Eingriff innerhalb der ersten viereinhalb Stunden nach dem Auftauchen des Krankheitsbilds.
Erfolg bei der Lyse-Therapie
Peter Furchert hatte 2018 einen Augeninfarkt und wurde mit der Lyse-Therapie behandelt - innerhalb von nur zwei Stunden. Da er bereits seit seiner Kindheit auf einem Auge blind ist und die Welt für ihn durch den Augeninfarkt plötzlich komplett schwarz wurde, entschieden sich die Ärzte hier für den Einsatz der Lyse-Therapie. Furchert konnte sofort eine Verbesserung feststellen. Er merkte, wie das Licht langsam von oben zurückkam, er nach und nach schemenhaft Umrisse erkennen konnte. Bei ihm kam es zu keinen unerwünschten Blutungen, das betroffene Auge hat inzwischen die gewohnte Sehkraft zurückerlangt. Heute ist es ihm wieder möglich zu lesen und sogar Auto zu fahren. Zur Sicherheit muss er regelmäßig zum Augen-Check.
So läuft der Augen-Check
Dabei wird die Netzhaut auf Veränderungen kontrolliert und ein 3D-Modell der Netzhaut erstellt. Die Ärzte checken unter anderem, ob die Netzhaut angeschwollen ist oder nicht. Diese Kontrolluntersuchung hilft nicht nur bei der Nachsorge, sondern auch, um akute Augeninfarkte innerhalb von Minuten erkennen zu können.
Was steigert das Infarkt-Risiko?
- Zu wenig Bewegung
- Übergewicht
- Bluthochdruck
- Diabetes
- Arteriosklerose
- Rauchen
Experten:
Prof. Dr. med. Martin Spitzer – Direktor der Augenklinik am Hamburger Uniklinikum, UKE
Apl. Prof. Dr. Sven Poli – Stellv. ärztlicher Direktor der Neurologie am Uniklinikum Tübingen