Sofia
Die Hauptstadt Bulgariens hat mehr als eine Million Einwohner. Und ein Nahverkehrsnetz mit Straßenbahnen und O-Bussen. Es ist auffallend, dass in sämtlichen größeren Städten Südosteuropas Oberleitungsbusse im Einsatz sind. Plovdiv, Haskovo, Sofia, Bukarest, Arad, Sibiu.
Depotbesuch
Wir haben das Eisenbahndepot der bulgarischen Staatsbahn besucht. Es ist toll, dass man uns bereitwillig sämtliche Türen geöffnet hat. Auch wenn manche dieser Türen etwas windschief in den Scharnieren hängen. Man sieht, dass Bulgarien kein reiches Land ist und die knappen Mittel gezielt einsetzen muss.
Diesel- und E-Loks werden hier gewartet. Die Elektroloks stammen größtenteils aus Rumänien, viele Dieselloks aus Henningsdorf, es sind die bulgarischen Verwandten der V60. Einige historische Fahrzeuge sind ebenfalls im Depot untergestellt. Ein D-Kuppler, gefertigt von Henschel in Cassel, der 2008 hundertsten Geburtstag feiert und der noch betriebsfähig ist, oder der gepflegte Triebwagen 19.001, ein Vorläufer des österreichischen "Blauen Blitzes". Josef Schmidt, der seit 1966 hier arbeitet, erklärt uns die Funktion des Depots mit seinen beinahe 2.000 Mitarbeiter. Ein kleines, nicht öffentliches Museum ist in zwei Erdgeschossräumen untergebracht. Es enthält zahlreiche Erinnerungsstücke an die 120 jährige Bahngeschichte Bulgariens.
Die Ausfahrt aus Sofia ist kein wirklich hinreißendes Motiv. Ein Dreh für den berühmten Papierkorb. Ihn hätten wir uns sparen können, denn anschließend musste das Auto noch aus der Hotelgarage geholt werden. Bis wir auf der Strasse sind, hat der Zug knapp 20 Minuten Vorsprung. Eine Herausforderung, zumal bis zum Grenzhalt Dragoman 55 Minuten Fahrzeit eingeplant sind. Die Fahrt durch Sofia dauerte zwanzig Minuten, aber dann scheinen alle Hindernisse aus dem Weg geräumt.
Polizeikontrolle
Auf der nagelneuen, aber noch nicht ganz fertiggestellten Autobahn, herrschte Überholverbot und eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 Stundenkilometern. Traumhafte Bedingungen für Kameramann Michael Frick, der sich Hoffnung macht, den Zug noch vor Dragoman zu erreichen. Es hätte auch geklappt, hätte uns nicht die Polizei bei 140 km/h ausgebremst. Nach den üblichen Pass- und sonstigen Kontrollen stellt der Polizist klar, dass dies keine Autobahn sei und 50 km/h eingehalten werden müssten. Dann erklären wir dem Polizisten, dass wir einen Zug verfolgen, der von bulgarischen Dampfloks gezogen wird.
Michael hat auch gleich das Heft mit den Fotos parat. Der Polizist deutet auf einen Unfallwagen an der Seite und sagt nur "Finish Driver". Dann verabschiedet er uns auf deutsch und wir grüßten freundlich zurück. Direkt nach der Kontrolle kommt das Schild freie Fahrt....
Bulgarien ade
Die Grenzformalitäten zwischen Bulgarien und Serbien sind nicht der Rede wert, nach ein paar Minuten ist alles geregelt. Nur unsere bulgarischen Lewa werden wir in Serbien nicht los. Auch später in Ungarn nicht.
In Dimitrovgrad ist Lokwechsel. Mit einer bewegenden Abschiedsrede wünscht uns das bulgarische Lokpersonal alles Gute, der verantwortliche Lokführer entschuldigt sich fast unter Tränen für die Unannehmlichkeiten und hofft und wünscht, dass wir Bulgarien wieder besuchen. Mit lautem Beifall werden die schwarz-grünen Loks mit ihren stolzen Männern verabschiedet. Wenig später verabschiedet sich auch die Oberleitung, Elektrifizierung ade, ideale Bedingungen für Dampffans.
Serbische 01
Statt mit doppelt schwarz-grün geht es nun mit einfach schwarz durch das sechste Land der Reise, Serbien. Die 1C1-Lok hat mit ihren 900 PS natürlich ganz anders zu arbeiten, als die 3.800 bulgarischen PS, aber sie hat anfangs fast nichts zu tun und rollt durch die Ebene. Das Wetter ist freundlich, die Sonne lacht und die ländliche Gegend Serbiens sieht lieblich aus und gepflegter als die in den Ländern zuvor. Hier fahren Traktorgespanne, wo in den anderen Ländern Eselkarren unterwegs waren.
Karpatenexpress
In Ciflik ist Kreuzungs- und Überholungshalt. Wir sind schon etwas früher hier und haben mit den Gänsen des Dorfes Freundschaft geschlossen. Das ist aber nicht ganz einfach, denn sie haben mir misstraut, weil ich in ihren Augen zuviel schnattere -diese Ecke ist ein idealer Punkt zum Moderieren- da ich ihnen aber nicht ins Wort falle, kommen wir gut miteinander klar.
Der Bahnhofschef telefoniert, derweil geht sein Mitarbeiter 200 Meter die Gleise entlang um die Einfahrtsweiche zu stellen. Unser Zug wird auf Gleis 1 gelotst, weil sich exakt hier zur Nachmittagszeit beide Züge des Karpatenexpress begegnen. An der Spitze der beiden Züge röhrt jeweils eine Lok von General Motors mit einem Dieselaggregat wie es auch in den legendären NoHABs zu finden ist., Musik in den Ohren der Dieselfreunde.
Fotohalte
Wir haben Glück mit dem Wetter, aber als Außenteam etwas Pech mit den Aufnahmen, weil nahezu bei jedem Standort der Zug nur angeschlichen kommt, um kurz darauf die Fans auszuspucken für eine Scheinanfahrt. Dennoch gelingt es im goldenen Licht eine Aufnahme im Ausgang der Schlucht bei Ostrovica.
Die Übernachtung erfolgt im Hotel Ambassador, in Nis, wobei die Nacht vor dem ersten Hahnenschrei endet. 4.45 Uhr klopft es an der Tür. Jeder Gast erhält seinen individuellen Lockruf.